27. Oktober 2023

Vater und Sohn



Die Geschichte der Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach (Vater) ist noch lange nicht auserzählt … Soeben erschien eine neue interessante Version des isländischen Pianisten Víkingur Ólafsson (2023, Deutsche Grammophon), auf den ich vor einigen Jahren über eine zauberhafte Einspielung von Klavierwerken von Philip Glass aufmerksam wurde. Er interpretiert nun Bachs Monumentalwerk in teilweise schwindelerregendem Tempo und findet neue rhythmische Varianten, die das Werk auf völlig neue Weise lebendig werden lassen. Insgesamt klingt alles sehr frisch und reiht sich schnell in meine Lieblingsversionen ein.

Ein anderes Album, zu dem ich in letzter Zeit immer wieder zurückkehre, sind die „Württembergischen Sonaten“ von Carl Philipp Emanuel Bach (Sohn), 1995 auf dem Klavier eingespielt von Keith Jarrett (2023, ECM). Sehr geradlinig und doch mit immenser Anmut.

C. P. E. Bach, der im 18. Jahrhundert ein massgebende Theorie über den Klavierunterricht verfasste, den „Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen“, schreibt in diesem zweibändigen Werk Sätze wie diesen: „§. 13.  Indem ein Musickus nicht anders rühren kan, er sey dann selbst gerührt; so muß er nothwendig sich selbst in alle Affecten setzen können, welche er bey seinen Zuhörern erregen will; er giebt ihnen seine Empfindungen zu verstehen und bewegt sie solchergestalt am besten zur Mit-Empfindung. Bey matten und traurigen Stellen wird er matt und traurig. Man sieht und hört es ihm an. Dieses geschieht ebenfalls bey heftigen, lustigen, und andern Arten von Gedancken, wo er sich alsdenn in diese Affecten setzet.“ (Quelle). Der Autor hätte sich kaum eine bessere Umsetzung dieser Theorien wünschen können, als die von Keith Jarrett.


P.S. Eine schöne Entspannungsübung für zwischendurch ist es, sich hin und wieder eine Sonate oder ein paar Variationen einzeln zum Anhören vorzunehmen.