4. Februar 2025
Jutta Hipp
Jutta Hipp wurde am 4. Februar 1925 in Leipzig geboren, also heute vor hundert Jahren. Im Alter von neun Jahren erhielt sie Klavierunterricht und entdeckte noch vor Kriegsende den Jazz durch heimliches Radiohören und Jam-Sessions, die meist in Privatwohnungen stattfanden. Nach dem Abitur begann sie ein Grafik- und Malereistudium und gründete mit befreundeten Musikern ein Jazzquintett.
Im März 1946 floh sie aus der sowjetischen Besatzungszone und ließ sich zunächst am Tegernsee nieder. Über Stationen in München und Frankfurt avancierte sie in verschiedenen Combos schnell zum Shooting-Star am Klavier im Nachkriegsdeutschland. Schließlich führte sie ihr Weg nach New York, wo sie als deutsche Jazz-Entdeckung gefeiert wurde. Als erste deutsche Musikerin – und vermutlich auch als erste weiße Frau – erhielt sie einen Plattenvertrag bei „Blue Note“ und nahm dort drei Alben auf.
Doch im Laufe der Zeit wurde immer deutlicher, dass Jutta Hipps Stellung in der von Männern dominierten Jazzwelt alles andere als unproblematisch war. Viele etablierte Musiker befürchteten, dass sie ihnen die Show stehlen könnte – oder nahmen sie schlichtweg nicht ernst –, und auch ihre bisherigen Förderer taten sich schwer damit, als sie begann, ihren eigenen musikalischen Weg zu gehen. Ein selbstbestimmtes Leben als vielseitige Künstlerin erforderte enorme Kraft, und so führten starkes Lampenfieber, ein geringes Selbstwertgefühl und ein Alkoholproblem letztlich dazu, dass sie sich Ende der 1950er Jahre vollständig aus der aktiven Musikszene zurückzog.
Ihren Lebensunterhalt verdiente sie daraufhin 35 Jahre lang als Näherin in einer Textilfabrik, während sie in ihrer mit Schallplatten und Büchern vollgestopften Wohnung dem Dichten und Malen nachging. Dennoch blieb sie dem Jazz als leidenschaftliche Hörerin verbunden und pflegte weiterhin den Austausch mit Freunden aus der Szene, darunter die Jazzförderin Pannonica de Königswarter sowie Musiker wie Lee Konitz.

Ende der 1980er Jahre erhielt sie Besuch von der deutschen Musikerin Ilona Haberkamp, die zahlreiche Gespräche mit ihr führte. Daraus entstand unter anderem das Buch Plötzlich Hip(p) (Wolke Verlag), das mit vielen Karikaturen und Zeichnungen illustriert ist, die Jutta Hipp im Laufe der Zeit von ihren Musikerkollegen angefertigt hatte.
Jutta Hipp starb am 7. April 2003 in ihrer Wohnung in New York City.
Die Aufnahmen mit Jutta Hipp sind überschaubar, doch beim Anhören richte ich meinen Fokus immer wieder gerne auf ihr Klavierspiel. Es besticht durch Klarheit, Präsenz und subtile Eleganz, ohne sich – im Gegensatz zu vielen ihrer damaligen männlichen Kollegen – in den Vordergrund zu drängen. Ihre Verzierungen scheinen aus dem Moment heraus zu entstehen, wirken dabei aber stets harmonisch in den Kontext eingebunden. Während ihre in Europa entstandenen Aufnahmen erste Anzeichen eines eigenständigen europäischen Jazzstils zeigen, wurde sie in den USA stärker in das dortige Repertoire eingebunden.
Dieser Text stammt aus einem Adventskalender über 24 wegweisende Jazzmusikerinnen, den ich vor zwei Jahren gestaltet habe. Ich arbeite derzeit daran, das Projekt weiter auszubauen, und bin gespannt, wo mich das hinführen wird.