12. Juli 2025
Ein afrikanischer Blumenstrauß
„Fleurette africaine“ (auch „African Flower“) ist eine Komposition von Duke Ellington, die sich als vielinterpretierter Jazz-Standard etabliert hat. Sie zeigt exemplarisch, wie eine zeitlose Vorlage durch verschiedene Musiker immer neue Facetten offenbaren kann.
Das Stück erschien erstmals 1962 auf dem Album „Money Jungle“ – einer herausragenden Einspielung von Ellington mit Charles Mingus und Max Roach, die hier absolute Reduktion wagt. Ellington malt breite harmonische Pinselstriche, während Mingus mit dem Bogen wie ein wilder Kolibri über die Basssaiten streicht und Roach legt leise federnde, fast pointillistische Schläge darunter.
Diese schlichte Schönheit lädt dazu ein, sie immer wieder neu zu interpretieren. Hier einige sehr unterschiedliche Fassungen, jede auf ihre Weise spannend:


1 – Norah Jones veröffentlichte 2016 auf ihrem Album „Day Breaks“ eine hochintensive Interpretation. Zurückhaltend summt sie die Melodie mit, während das Saxophonspiel von Wayne Shorter für kleine, immer wieder aufbrechende emotionale Eruptionen sorgt.

2 – Kirk Knuffke bringt auf seinem Album „Super Blonde“ (2024) mit seinem rumpelnden Kornett etwas Klagend-Swingendes in das Stück, das stark an die Melancholie finnischer Filme erinnert.

3 – Bei Daniel Erdmann und Aki Takase wird der Song zur Spielwiese: respektvoll, aber mit viel Witz. Beide spielen sich die Bälle zu und überraschen immer wieder mit ironischen Brechungen und plötzlichen Tempiwechseln.

4 – Das Trio des niederländischen Schlagzeugers Han Bennink („Parken“, 2009) bleibt dem Original relativ treu, nur dass der Bass durch eine Klarinette ersetzt wurde. Man hat den Eindruck, eine Menge emsiger Insekten versuche, den guten Blütennektar zu erhaschen.

5 – Gary Burton macht aus „Fleurette africaine“ auf dem Album „General Mojo Cuts Up“ (1968) eine Meditation, bei der die Gitarre melodiöse Highlights setzt, während das Vibraphon schimmernde Harmonien darunterlegt.

6 – Terri Lyne Carrington versieht das Stück als Teil einer kompletten Neuinterpretation („Money Jungle: Provocation in Blue“, 2013) mit modernem Drive. Pulsierende Polyrhythmen und die scattende Trompetenlegende Clark Terry (bei der Aufnahme bereits über 90 Jahre alt) verwandeln die afrikanische Blume in eine smoothe Jazzimprovisation.

All das zeigt, wie eine große Jazz-Komposition nicht als museales Artefakt überlebt, sondern als lebendiger musikalischer Organismus mit jeder neuen Deutung weiterwächst und sich entfaltet.
Playlist
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Afro Blue von Ramon „Mongo“ Santamaria, Olhos de Gato von Carla Bley