23. November 2022

3x Cello allein

Das Cello ist außerhalb der klassischen Musik eher eine Rarität. Gerade im Jazz wechselten daher Cellisten wie Ron Carter oder Dave Holland oft zu seinem großen Bruder, dem Bass. Diejenigen, die an diesem Instrument festhielten sind oft ganz ungewöhnlich neugierige Grenzgänger. Drei Soloalben solcher Freigeister stelle ich hier nun vor:

1 ― Zunächst „By Myself“ des kürzlich verstorbenen Abdul Wadud (1947–2022) aus dem Jahr 1978. Wadud war einer der ersten impulsgebenden Cellisten, die ihr Instrument perkussiv und frei improvisierend nutzten. Neben seiner Tätigkeit in klassischen Orchestern, wandte er sich vermehrt dem aufkeimenden Free Jazz zu. Auf diesem Album (das leider vergriffen ist, hier aber anhörbar) mischt er seinem frei laufenden Spiel Folk-Elemente zu, die das Album zu einem großen Hörvergnügen machen. Der Pianist Ethan Iverson bezeichnet das Album in seinem lesenswerten Blog als „one of the most friendly and listenable of all avant jazz solo recitals on any instrument“.

2 ― Ein weiterer Großmeister am Cello ist Tom Cora (1953–1998) der dem Instrument Töne entlockte von denen man gar nicht wusste, dass es sie dort gibt. Geformt in Karl Bergers “Creative Music Studio“ und der New Yorker Knitting Factory ist Tom Cora ein äußerst interessanter Musiker, auf den ich sicher nochmals zurückkommen werde. Eines seiner wenigen Soloalben ist „Limbo in Gumption“ (1991), das, mit ein wenig elektronischer Unterstützung, auf eine tollkühne Reise durch diverse Musikuniversen führt. Leider ist auch dieses Album vergriffen, taucht aber hin und wieder antiquarisch auf und sollte, wie auch „By Myself“ unbedingt neu aufgelegt werden!

3 ― Vincent Courtois (*1968) ist ein weiterer extrem breit aufgestellter Cellist, der in fast allen Spielarten des Jazz zuhause ist. In der Zeit des Coronalockdowns hat er sich einen lang gehegten Traum (Quelle) erfüllt und das Solo-Cello-Repertoire der klassischen modernen Musik (Ligeti, Hindenmith, etc.) weitläufig erforscht. Daraus entstand das Album „East“ (2022, La Buissonne), das zeigt, dass Neue Musik gar nicht so kompliziert ist wie es viele erwarten und sich hier vielmehr wie eine Brücke von barocker Gambenmusik („Vorfahren“ des Cellos) zu freier zeitgenössischer Improvisation präsentiert.