19. Februar 2024

Erinnerungen

1992 veröffentlichte Dominique A das Album „La Fossette“, das er ganz allein zuhause mit einfachsten Mitteln aufgenommen hatte. Das Album klang faszinierend neu und eröffnete nicht nur mir, sondern auch dem französischen Pop neue Wege. Ich begleitete den Musiker noch einige Alben lang, dann trennten sich unsere Wege. Er wandte sich vermehrt poppigeren Gefilden zu, während ich den Spuren des Jazz und anderen Stilen folgte. Nun bringt uns ein neues Album, „Memento“ (2024, La Buissonne) wieder zusammen.

Das Szenario ist folgendes: Der Journalist und Jazzkritiker Jean-François Mondot, ein begeisterter Leser des Literaturnobelpreisträgers des Jahres 2014, Patrick Modiano (*1945), schrieb Texte, die von dessen Erinnerungswelt und Sprache inspiriert sind. Sie zeichnen poetisch in chronologischer Reihenfolge das Leben und das Werk des Schriftstellers nach. Mondot schickte die fertigen Texte an Dominique Ané (wie er mit vollem Namen heißt) mit der Anfrage, ob er die Texte interpretieren möchte. Ané stimmt nicht nur zu, sondern schlägt auch vor, die Musik dazu zu schreiben. Für das Projekt konnten außerdem zwei hervorragende Jazzmusiker gewonnen werden – Stephan Oliva am Klavier und Sébastien Boisseau am Kontrabass – und noch der Schlagzeuger Sacha Toorop, ein langjähriger musikalischer Begleiter Dominique Anés, der selbst neben dem Gesang auch den Gitarrenpart übernimmt.

Anés klare und besondere Stimme erweckt nun diese Texte zum Leben und wird dabei behutsam von den Instumenten begleitet. Im Ergebnis klingt das wie eine sehr gelungene Vermählung aus französischem Pop und Jazz, die in Worten und Klängen eine bildhafte, tiefgehende Wirkung entfaltet.

Eine außergewöhliche musikalische Hommage an einen Autor dessen Werk in Deutschland immer noch ein Geheimtipp ist.